von Johannes Kraus von Sande
Berlin - Nachdem BAYERN DEPESCHE über die Listenaufstellung der AfD Bayern mit deren Spitzenkandidaten Peter Boehringer berichtet hatte, war im Lager von Peter Boehringer MdB ganz offensichtlich Unruhe ausgebrochen. In einer Gegendarstellung, in der Boehringer versucht hatte, sich als gemäßigter Politiker darzustellen „Suaviter in modo“, der im Bundestag überdies eine professionelle Haushaltspolitik betreibe, fühlten sich Leser unseres Mediums durch seine Ausführungen heftig provoziert. Aus diesem Grunde meldeten sich sowohl Mitglieder der AfD selbst als auch Vertreter anderer Parteien und gesellschaftlicher Gruppen bei unserer Redaktion.
Interne und externe Kritik reißt nicht ab
Hierbei wurde nochmals nachdrücklich darauf hingewiesen, dass Boehringer sowohl parteiintern als auch von Außenstehenden bereits mit seinen vielfach geäußerten Verschwörungstheorien und seinen teilweise neonazistisch anmutenden Formulierungen konfrontiert worden sei. Insoweit habe die Berichterstattung der BAYERN DEPESCHE durchaus ihre Berechtigung. Weiterhin habe man ihn auch damit konfrontiert, dass es im Deutschen Bundestag konkrete Bestrebungen gebe, ihn seines Amtes als Vorsitzender des Haushaltsausschusses zu entheben. Grund hierfür sei unter anderem eine Anzeige Boehringers in der Neuen Züricher Zeitung (NZZ) gewesen, die einem Gastbeitrag geähnelt habe. Unter der Überschrift „Mehr Europa durch weniger EU: Die Marktwirtschaft muss erhalten bleiben“ habe Boehringer hier über „selbsternannte Eliten“ fabuliert, in der EU „Herren des realen Falschgeldes“ identifiziert und vor allem auch eine mehr als fragwürdige weitere Aussage getätigt: „Der Brüsseler Leviathan wird immer gefräßiger“, ließ Boehringer in diesem Rahmen auch verlauten und bezieht sich hier auf das bis heute umstrittene Werk und die Staatstheorie des Thomas Hobbes.Nach Ansicht seiner Ausschusskollegen habe Boehringer sein Amt insoweit missbraucht, als er lediglich auf seine Funktion als Vorsitzender des Haushaltsausschusses verwiesen habe, nicht jedoch auf seine Parteizugehörigkeit. Neben seinen Namen habe er auch den Adler des Bundestages drucken lassen. In diesem Rahmen habe er dann Verschwörungstheorien über die EU, die EZB und auch die Flüchtlingspolitik verbreitet, die man als eine Äußerung des gesamten Ausschusses habe interpretieren können. Finanziert worden sei die Anzeige von einem Berner Bürger, was auch unselige Erinnerungen an die eine oder andere AfD-Parteispendenaffäre erwecke. Dies werde im vorliegenden Falle auch schon von der Bundestagsverwaltung geprüft. Insgesamt müsse man sich daher fragen, was einen vermeintlich vernünftigen Menschen mit dem Anspruch „Suaviter in modo“ zu derartigen Aktionen hätte treibenkönnen.
Wie BAYERN DEPESCHE berichtete, bezeichneten Tagesspiegel und Süddeutsche Zeitung Boehringer bereits vor geraumer Zeit als einen „Freund von Verschwörungstheorien“. Boehringer glaubt an die Existenz im Geheimen und global operierender Eliten, die weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit an einer neuen Weltordnung (NWO) arbeiteten. Die Gesellschaft solle daher so verändert werden, dass die genannten Eliten sie besser kontrollieren könnten. Auf seiner Facebookseite ließ Boehringer zudem verlauten, dass die NWO mittlerweile die Bundesregierung steuere, weiterhin seien bereits die evangelische Kirche, die Deutsche Bahn, die CSU, die Grünen in Baden-Württemberg und sogar die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft von ihren Vertretern durchsetzt. Auch die Vereinten Nationen würden von der NWO gesteuert, eine wichtige Rolle spielten hier jedoch auch die Freimaurer.
Auf seiner Facebook-Seite spricht Boehringer zudem „Klartext“, in welcher Form „Deutsche Interessen verraten und verkauft“ würden. Dieser „Klartext“ verschafft sodann auch Klarheit darüber, dass an der Verkennung deutscher Interessen wohl auch Gott und Satan irgendwie beteiligt sein müssten, Bundesregierung und Medien hätten dafür wohl auch einen Pakt mit dem Teufel geschlossen. „Gott versus Satan: Wahrheit versus völligem Gegensatz – Drei Beispiele für satanische Umkehrung“ liest man hier in der Version vom 05. 10. 2020, 15 Uhr 46. Ein Klick auf das verlinkte Video lässt sodann durchaus auch vermuten, dass sich Boehringer wohl in der Tradition Jesu Christi und insoweit auf der Seite Gottes und des Guten verortet und daher natürlich auch die Wahrheit für sich beansprucht. Unwillkürlich fühlt man sich an die Aussage Jesu: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ erinnert. Im Rahmen seiner Argumentation fällt eine extreme Polarisierung ins Auge, die ein schwarz-weiss-Schema erzeugt und eine differenzierte, problemübergreifende Betrachtung der erörterten Themenfelder vermeidet. An dieser Stelle wirdnachvollziehbar, warum manchem Bürger, Parlamentarier und sogar Mitglied seiner eigenen Partei angesichts der eher wirr anmutenden Thesen Angst und Bange wird, wenn er sich Boehringer als Vorsitzenden des wichtigenHaushaltsausschusses oder auch nur als bayerischen Spitzenkandidaten der AfD vorstellt.
Mit Begriffen wie „Umvolkung“ und „Volkskörper“ verwendet Boehringer zudem eine offen neonazistische Sprache, wie beispielsweise Götz Aly zutreffend feststellte. Zum Thema Islam äußerte sich Boehringer in einer unsachlichen und pauschalisierenden Weise, die diese Religionsgemeinschaft abwertet und zwangsläufig die religiösen Gefühle von Muslimen verletzt. Nach Recherchen des NDR und WDR bezeichnete er Muslime auch als „Macho-Mob der Surensöhne“.
Sollte er weiter mit derartig provozierenden Aussagen zum Islam auffallen, ist es nicht ganz unwahrscheinlich, dass er durch den von ihm vielfach kritisierten radikalen Teil des Islams dereinst vielleicht sogar zum ersten Märtyrer seiner Partei aufsteigt. Als Verkünder der reinen und einzigen Wahrheit wird er daher auf die Gunst Gottes wohl noch öfter angewiesen sein.