(Quelle: Johannes Kraus von Sande)
(Quelle: Johannes Kraus von Sande)

von Johannes Kraus von Sande


Universität Gießen stellt internationale Studie vor

Gießen - Wissenschaftler der Universität Gießen, darunter Evolutionsbiologen, Paläontologen und Geologen, stellten nun eine internationale Studie vor, die unter der Leitung der Universität Gießen entstand. 

Abnahme der Biodiversität absolut alarmierend

Hierbei verglichen sie das aktuelle Artensterben mit dem vorhergehenden fünften Massensterben der Kreidezeit. Letzteres fand vor rund 66 Millionen Jahren statt, als in Folge eines Asteroideneinschlags ca. 76 Prozent aller Arten auf der Erde ausstarben, darunter auch die Dinosaurier. Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift Communications Earth & Environment“ veröffentlicht. 

Bemerkenswert ist zum einen das Ergebnis, dass die Aussterbensrate des fünften Massenaussterbens erheblich höher war als bislang angenommen, insbesondere unter den Süßwasserlebewesen. Absolut alarmierend ist hingegen die Erkenntnis, dass das menschengemachte Massenaussterben der aktuellen sechsten Welle das des Artenschwundes der fünften Welle, verursacht durch den Asteroideneinschlag, bei weitem übertreffen wird. Die aktuell beobachtete Aussterbensrate ist im Rahmen der weiteren Prognose im Durchschnitt etwa tausendfach so hoch wie diejenige der Kreidezeit. „Das Tempo, mit dem wir heute Arten verlieren, ist beispiellos und wurde in der Vergangenheit noch nicht einmal bei großen Aussterbungskrisen erreicht“, bemerkt hierzu der Hauptautor der Studie, Thomas Neubauer. Besonders bedroht seien hierbei die Süßwasserlebewesen. 

Für die Zukunft der Menschheit oder vielleicht auch nur diejenige unseres Planeten lässt sich aus den gewonnenen Daten ableiten, dass die Aussterberate rund 5 Millionen Jahre lang sehr hoch blieb. Insgesamt war ein Zeitraum von fast 12 Millionen Jahren erforderlich, bis sich zwischen der Evolution neuer und dem Verschwinden vorhandener Arten wieder ein Gleichgewicht eingestellt hatte. Sollte der Mensch also zu einem Leben in Einklang mit der Natur zurückkehren, wäre damit zu rechnen, dass die Erde sich nur innerhalb eines Zeitraumes von vielen Millionen Jahren wieder erholen kann. 

Besonders kritisch ist diese Erkenntnis vor dem Hintergrund, dass insgesamt nach wissenschaftlichen Schätzungen über 90% der aktuell lebenden Arten noch gar nicht bekannt sind, weiterhin daher zwangsläufig auch die Effekte, die das Zusammenleben dieser Arten im Einzelnen auf die Ökosysteme zeitigt. Das Wissen über das Funktionieren der Ökosysteme und auch über die Biodiversität ist demgemäßbisher nur sehr rudimentär ausgeprägt. Daraus lässt sich unschwer erkennen, dass die aktuelle Entwicklung erhebliche Risiken für den Fortbestand des Menschen und seiner Kultur mit sich bringt. 

Gleichzeitig wird deutlich, dass geringfügige Maßnahmen zum Erhalt der Biodiversität im Bereich der Komfortzone nicht ausreichen werden. Vielmehr muss der Mensch sein Verhältnis zur Natur grundlegend ändern und die Vor- und Nachteile der Industrialisierung und Technisierung gegeneinander abwägen. Erhebliche Einschnitte werden erforderlich sein. 

Es zeigt sich im Rahmen der aktuellen Erkenntnisse abermals, dass der Mensch die Natur bislang weder umfassend kennt, noch auf dieser Basis beherrschen oder kontrollieren kann. Bislang können wir von der Natur nur lernen, was sich möglicherweise in der Menschheitsgeschichte auch niemals ändern wird.

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