Berchtesgaden -Die Unwetterereignisse der letzten Tage haben Tote gefordert und nach der Corona-Pandemie nochmals unzählige Existenzen zerstört. Die Schicksale der Betroffenen bewegen, müssen jedoch auch zum Nachdenken über die Ursachen der Schäden anregen. Es kann und muss darüber diskutiert werden, ob Warnsysteme und Notfallstrategien in ausreichender Form bestanden und auch genutzt wurden. Noch dringender stellt sich jedoch die Frage, ob die Ereignisse Folgen von bloßen Wetterphänomenen sind oder bereits deutliche Vorboten und Folgen des aktuellen Klimawandels, wie es auch Ministerpräsident Markus Söder ausdrückte, der von einem „unglaublichen Weckruf der Natur“ sprach. Es wurden bereits meteorologische Daten ermittelt, die in die entsprechende Richtung weisen und Auffälligkeiten beschreiben, die in dieser Form wohl binnen eines halben Jahrtausends nicht beobachtet werden konnten.
Das Augenmerk unserer Betrachtung soll sich jedoch auf Schäden an Baudenkmälern richten, die in allen betroffenen Regionen, sei es Bayern, Sachsen, Österreich, Rheinland-Pfalz oder auch Nordrhein-Westfalen festgestellt werden können. Ein Paradebeispiel mag hier die teilweise eingestürzte Burg Blessem im Rhein-Erft-Kreis sein, die bereits seit dem 13. Jahrhundert an gleicher Stelle stand und vergleichbare Hochwasserschäden bislang nicht erlebt hat. Lediglich ein Teil der Anlage war bislang einem Feuer zum Opfer gefallen. Nicht anders sieht es in allen anderen Hochwassergebieten aus, insbesondere Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen oder auch Bayern. Hier sind gravierende Schäden an Denkmälern zu verzeichnen, teilweise sind die Gebäude auch eingestürzt oder komplett von den Fluten mitgerissen worden. Wie sich jedermann leicht selbst überzeugen kann, sind vielfach Gebäude betroffen, die ein Alter zwischen 300 und 500 Jahren aufweisen. Unabhängig vom gravierenden kulturellen Verlust sind die Schäden an diesen Baudenkmälern eines der deutlichsten Beweise, dass wir es im vorliegenden Falle mit Auswirkungen eines bereits veränderten Klimas zu tun haben.
Grundsätzlich sind historische Gebäude vielfach an Stellen errichtet worden, die nie vom Hochwasser betroffen waren. Die flächenmäßig beträchtliche Ausdehnung des Gebäudebestandes in ehemalige Überschwemmungsgebiete oder sonstige Feuchtflächen ist primär ein Phänomen der letzten Jahrzehnte. Natürlich gab es gerade in Flussnähe auch historische Gebäude, die vergleichsweise regelmäßig unter Wasser gesetzt wurden. Insgesamt überstanden sie die Überschwemmungen jedoch gut, waren sie doch ausschließlich aus belastbaren Materialien wie Bruchstein, Vollziegel, Massivholz usw. gebaut, das nach einer gründlichen Säuberung meist ohne große Schäden wieder austrocknete. Viele historische Bauten haben in dieser Weise im Laufe der Jahrhunderte eine Vielzahl von Überflutungen überlebt.
Die aktuellen Schäden und Verluste an Baudenkmälern auch in den bayerischen Hochwassergebieten zeigen jedoch deutlich auf, dass wir es vorliegend nicht mehr mit einem wie bisher regelmäßig wiederkehrenden Wetterphänomen zu tun haben. Vielmehr verweisen sie unmittelbar auf den bereits deutlich sichtbaren und erfahrbaren Klimawandel sowie auf durch diesen ausgelöste, neuartige und dramatische Wetterereignisse, die zu bereits bestehenden Problemen wie Flächenversiegelung und Flussverbauung sowie Flussbegradigung hinzutreten. Sie sind tatsächlich ein Menetekel dessen, was bevorstehen wird, wenn sich der Mensch nicht auf die Bewahrung seiner natürlichen Lebensgrundlagen besinnt und sein Verhältnis zur Natur grundsätzlich überdenkt und ändert. Daran werden im Prinzip auch keine neuartigen Technologien oder Warnsysteme etwas ändern. Der Mensch beherrscht die Natur nicht, versteht ihre Grundlagen und Zusammenhänge bislang nur in sehr geringem Umfang und kann sich über ihre Gesetze nicht hinwegsetzen. Trotzdem nimmt er maximale und vielfach schädliche Eingriffe vor. Im Gegensatz dazu ist vor allem Demut angesagt und erst recht die Bereitschaft, weiterhin von der Natur zu lernen. Die negativen Folgen seiner Eingriffe wird der Mensch nicht vollständig durch technische Mittel ausgleichen können. Vielmehr erzeugen letzere oft nur neue Schäden. Nur als ein Teil der Natur wird der Mensch in der Lage sein, die nächsten Jahrhunderte zu überleben.