Duisburg – Wenn Zeitungen mal wieder nicht wissen, wie sie ihre Seiten füllen sollen, zerren sie mit investigativem Habitus vermeintlich Geheimnisumwittertes ans Tageslicht. Wird der Fokus dabei auf die Immobilienbranche gerichtet, taucht nicht selten der Name des versierten Immobilieninvestors Henning Conle auf. Erst Anfang Mai dieses Jahres berichtete die „Rheinische Post“ von der „Phantomfamilie Conle“ und titelte: „Auf den Spuren eines Duisburger Milliardärs.“ Der Leser erfährt, dass die Conle Property Group GbR „Am Freischütz“ in Duisburg ansässig ist und der Generation nach Henning Conle gehört. Der sei besonders öffentlichkeitsscheu. Schon sein Vater und sein Onkel hätten mit ihren Immobiliengeschäften in Duisburg einen „zweifelhaften Ruf“ erlangt, behauptet das Blatt. Näheres ist aber nicht zu erfahren, weil der Artikelinhalt hinter einer Bezahlschranke versteckt ist.
Neuer Schwerpunkt liegt auf sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit
Vermutlich erfährt der zahlungswillige Leser, dass Henning Conles Vater Heinrich August („Heinz“) ab den 1950er-Jahren rund 18.000 Wohnungen baute und für seine engagierte Bautätigkeit mit insgesamt 60 Wettbewerbspreisen ausgezeichnet wurde. Er entwarf und baute städtische Krankenhäuser, Wohnsiedlungen, Pflegeheime, Rathäuser, Schulen, Büro- und Verwaltungsgebäude und ganze Stadtviertel. Dazu gehörten auch 500 Reihenhäuser für Arbeiterfamilien in Marl. Damit war der Architekt Heinz Conle einer der rührigsten und erfolgreichsten bundesdeutschen Häuserbauer seiner Zeit. 1947 trat der Sohn eines Tischlers der SPD bei und begann seine berufliche Laufbahn als Angestellter im Planungsamt der Stadt Duisburg. Dort konnte er interessante Einblicke in den örtlichen Grundstücks- und Immobilienmarkt gewinnen und seine wohnungswirtschaftlichen Kenntnisse vertiefen. Zusammen mit seinem Bruder Kurt gründete er 1949 ein Architektenbüro und wurde vom Duisburger Wohnungsbau-Dezernenten als Hausarchitekt der stadteigenen Gemeinnützigen Baugesellschaft AG (GEBAG) verpflichtet. Im Ruhrgebiet zogen die Conle-Brüder Tausende Sozialwohnungen hoch und haben den regionalen Wohnungsmarkt damit nachhaltig geprägt. Auch deshalb ist die GEBAG heute mit mehr als 12.000 Wohnungen das größte Immobilienunternehmen der Stadt Duisburg. Ein Erfolg zieht bekanntlich den anderen nach sich und so flossen dem angesehenen Architekturbüro zahlreiche private und städtische Aufträge zu. Innerhalb weniger Jahre entstand mit der „Gebrüder Conle GmbH“ als Dachgesellschaft ein breit aufgestellter Konzern, dem insgesamt 24 Firmen angehörten. Nur einige davon waren Bauunternehmen.
Heinz Conle wurde von den Sozialdemokraten schließlich als Stadtratskandidat aufgestellt und auch prompt in den Rat der Stadt Duisburg gewählt. Während die Brüder zielstrebig ihr Immobilien-Imperium aufbauten, schossen Spekulationen ins Kraut, sie seien Profiteure von SPD-Vetternwirtschaft im Ruhrgebiet. Aber ein Korruptionsverfahren gegen sie führte zu einem Freispruch. In dem seit 1961 laufenden Verfahren wurden die Gebrüder Conle beschuldigt, im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus das Land Nordrhein-Westfalen mit falschen Abrechnungen um rund 500.000 Deutsche Mark betrogen zu haben. Das Verfahren endete nach sechs Jahren im Februar 1967 jedoch mit einem Freispruch, was in der heutigen Medienberichterstattung häufig unerwähnt bleibt. Die nachfolgenden Generationen erweiterten den familiären Immobilienbesitz sehr erfolgreich und expandierten auch in andere europäische Länder.
Die junge Conle-Generation ist der Immobilienbranche treu geblieben. Oskar Conle, Henning Conle jun., Johanna Conle sowie Laura Conle sind Gesellschafter der Conle Property Group GbR. Als geschäftsführender Gesellschafter fungiert Oskar Conle, der sich so zitieren lässt: „Als Bestandshalter unserer Immobilien setzen wir nicht auf maximale Rendite, sondern auf Werte und Qualität.“ Tatsächlich hat die Conle Property Group in den letzten Jahren die Expansionsstrategie zugunsten von noch nachhaltigerer Sanierung und Schaffung von bezahlbarem Wohnraum zurückgestellt. Der umfassende deutsche Immobilienbestand wird von der Westfalia GmbH im traditionellen Hauptsitz Duisburg verwaltet und gepflegt. Nach eigenen Angaben bieten die Conles vom Kiosk bis zum Gewerbepark, von kleinen Büros bis zu komplexen Verwaltungsgebäuden, von der kleinen Einzimmerwohnung bis zur Loftetage alles an, was der Markt verlangt.
Die Conle Property Group setzt erklärtermaßen auf soziale und ökologische Nachhaltigkeit: „Wohnen ist ein Grundrecht. Wir wollen, dass auch Erzieher und Krankenschwestern bezahlbaren Wohnraum finden.“ In den deutschen Ballungsräumen hat sie drei große Herausforderungen identifiziert: den wachsenden Bedarf an bezahlbarem Wohnraum, den energetischen Umbau der Objekte sowie den demografischen Wandel und seine städtebaulichen Folgen. „Insbesondere in Bayern werden in den nächsten Jahren diverse Wohnbauprojekte umgesetzt, die den sozialen Belangen gerecht werden und konsequent bezahlbare Mietwohnungen zum Beispiel für Erzieher/innen, Pfleger/innen, Verkäufer/innen oder Feuerwehrleute schaffen“, heißt es unternehmensseitig. „Wohnbauprojekte im Deutschland von heute sind zum allergrößten Teil Bauträgermodelle, die aufgrund der hohen Verkaufspreise für zwangsläufig hohe Mieten sorgen, die sich gewisse Bevölkerungsschichten nicht mehr leisten können. Diesem Modell gilt es entgegenzuwirken und Alternativen zu entwickeln – eine Aufgabe, die sich die Conle Property Group zu eigen gemacht hat.“ Bei diesen Vorhaben stimme man sich eng mit den Kommunen und den lokalen Entscheidungsträgern ab, um gemeinsam tragfähige Lösungen zu entwickeln.
Eine enge Abstimmung mit der Kommunalpolitik scheint auch das Erfolgsgeheimnis von Henning Conle zu sein, dem in den 1990er-Jahren allein in Hamburg 2.500 Wohnungen gehört haben sollen. Über die Liechtensteiner Gesellschaft Sirosa Liberty Limited hat der Immobilien-Profi laut Medien für zwei Milliarden Pfund Sterling verschiedene Londoner Immobilien erworben. Der Wahl-Zürcher kaufte über die Firma Sirosa gleich mehrere berühmte Geschäftshäuser in der Londoner Innenstadt. Dazu gehören das Shell Mex House, die Kensington Roof Gardens, das Plaza-Einkaufszentrum in der Oxford Street sowie das Stratton House, auch bekannt als Londoner Sitz des Fußballclubs Manchester United. Für Aufsehen sorgte Conles Erwerb des Londoner Kaufhauses Liberty. Der Kaufpreis betrug nach Medienberichten 41,5 Millionen Pfund Sterling. Liberty werde das Kaufhaus rückanmieten und habe einen neuen 30-Jahres-Mietvertrag zu einer Jahresmiete von 2,1 Millionen Pfund Sterling abgeschlossen, hieß es dazu vor Jahren. John Rigg, Geschäftsführer des Immobiliendienstleisters Savills, erklärte zu dem Deal: „Das Londoner Liberty Kaufhaus ist Kult. Der Kaufpreis und die Mietkonditionen machten es für unseren Kunden zu einem äußerst attraktiven Investment.“
Henning Conle und seine Familie haben einfach ein Gespür für lohnende Immobiliengeschäfte, die gleichzeitig dem Nachhaltigkeitsgedanken Rechnung tragen.