(Quelle: Johannes Kraus von Sande)
(Quelle: Johannes Kraus von Sande)

Sind Politik und Gesellschaft nicht in der Lage, die Grundlagen der menschlichen Zivilisation zu erhalten?

von Johannes Kraus von Sande

Potsdam - Aktuellen Analysen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung zufolge können sich Klima-Kippelemente bereits bei einer mittleren Erderwärmung bis zu 2 Grad gegenseitig auslösen und zu unkalkulierbaren Folgen für Klima und Ökosysteme führen. Die resultierende weitere Erhitzung kann zur Auslösung weiterer Kippelemente führen und einen regelrechten Dominoeffekt auslösen. Dass eine Beschränkung der Erderwärmung auf die nach dem Pariser Abkommen intendierten 2 Grad noch möglich ist, erscheint zum heutigen Zeitpunkt bereits eher unwahrscheinlich. Beispielsweise hat sich die mittlere Temperaturerhöhung in Deutschland bereits auf annähernd 2 Grad eingependelt, möglich erscheinen sogar zwischen 3 und 5 Grad Temperaturerhöhung. Bereits bei einer mittleren globalen Temperaturerhöhung von 2 Grad ist den Berechnungen zufolge in 61 Prozent der Simulationen ein Kippeffekt eingetreten, in ca. 40 Prozent der Berechnungen kam es sogar zu einem Domino-Effekt. 

Kippelemente beeinflussen sich gegenseitig

Untersucht wurden im Rahmen der Analysen vier Kippelemente, nämlich die Eisschilde auf Grönland und in der Westantarktis sowie die Atlantikzirkulation und der Amazonas-Regenwald. Wie die Berechnungen zeigten, kann beispielsweise das Abschmelzen von Eismassen in Grönland dazu führen, dass sich die Zirkulation im Atlantik verlangsamt, sich aus diesem Grunde wiederum der Südliche Ozean erwärmt, was dann zum Abtauen von Eis in der Antarktis führt.

Kippkaskaden bereits bei einer Temperaturerhöhung von 0,8 Grad möglich

Wie die Forschungsergebnisse eindrucksvoll aufzeigten, sind Kippkaskaden bereits bei einer relativ niedrigen Erhöhung der Durchschnittstemperatur ab 0,8 Grad möglich. Geht man von einer Erderhitzung von 4 Grad aus, ist mit dem Kippen mindestens eines weiteren Klima-Elementes sicher zu rechnen. Bei Erhöhungen von über 4 Grad werden Kippeffekte hingegen unwahrscheinlicher, da bei einer derartigen Erwärmung die einzelnen Elemente mit großer Wahrscheinlichkeit schon für sich und selbstständig gekippt sind. 

Auswirkungen auf die Ökosysteme unkalkulierbar

Die Risiken derartiger Effekte sind indes völlig unkalkulierbar und können bis hin zum Zusammenbruch ganzer Ökosysteme führen. Wahrscheinliche Folge hiervon wären Probleme bei der Nahrungsmittel- und Wasserversorgung, die im schlimmsten Falle dann durch resultierende Probleme sogarzum Zusammenbruch von politischen Systemen, Staaten, Kulturen und Zivilisationen führen könnte. Mit gewaltigen Wanderbewegungen und Konflikten wäre im Rahmen derartiger Szenarien in jedem Falle zu rechnen.

 

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