von Johannes Kraus von Sande
Der gestrige Auftritt von Bundeskanzler Olaf Scholz vor dem Untersuchungsausschuss hat nach dessen eigener Einschätzung zu einer Entlastung seiner Person geführt. Neben einem für die Wahrnehmung des Kanzleramtes bedenklichen Grad an Vergesslichkeit (je nach Zählung und Aufschlüsselung der Einzelfragen hatte er sich zwischen 14 und 22 mal in der Form geäußert, dass er sich nicht erinnere oder die Frage nicht beantworten könne), ist ihm nun zweifelsohne auch ein gerütteltes Maß an Fehleinschätzung vorzuwerfen.
Glaubwürdig oder vertrauenswürdig erscheint Scholz nach diesem Auftritt in keiner Weise, die Zustimmung beim Bürger respektive Wähler dürfte auf dieser Basis kaum gestiegen sein. Nicht nur der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz, der dies öffentlich bekundet hatte, wird es hier so gegangen sein, dass er dem Kanzler keinen Glauben schenkte.
Wie sollte es auch sein, dass er sich nicht an Vorgänge erinnert, die in seiner Tätigkeit als damaliger Hamburger Bürgermeister singulär gewesen sein dürften, gerade auch schon wegen der im Raume stehenden Summe?
Glaubwürdigkeit sieht anders aus
Wie kann es sein, dass er sich in seinem Amtszimmer noch mit Vertretern der Warburg-Bank traf, nachdem gegen diese bereits bekanntermaßen von Polizei und Staatsanwaltschaft vorgegangen wurde? Hier hilft es sicher auch nicht weiter, dass er immer wieder betont, dass er vergleichbare Geschäfte für illegal hält. Der Kanzler ist angeschlagen und angezählt. Für ihn geht es hier um alles. Eine für ihn ungünstige weitere Entwicklung in der Sache ist auch geeignet, die gesamte deutsche Sozialdemokratie in eine fundamentale Krise zu stürzen, da auch sie über Korruption in keiner Weise erhaben ist. Jederzeit ist es möglich, dass einer seiner damaligen Weggefährten doch noch auspackt. Dies wäre durchaus zu wünschen, ja es wäre geradezu notwendig, um dem Ansehen der Demokratie und unseres Staates wieder zur Geltung zu verhelfen.