Johannes Kraus von Sande hört rein:
https://www.youtube.com/watch?v=luiOoylLTvc
Die Klaviersonate 109 Nr. 30 E-Dur wurde von Beethoven komponiert, als er bereits völlig taub war. Er widmete sie Maximiliane Brentano, was in Ludwig van Beethovens Lebensgeschichte mit einiger Sicherheit eine ganz besondere Bedeutung hatte. Man kann aus dem Zusammenhang der Zuschreibung folgern, dass es sich bei Beethovens „Unsterblicher Geliebter“, an die er 1812 seine innigenLiebesbriefe richtete, um eben jene Dame handelte.
Die E-Dur Sonate Op. 109 Nr. 30 E-Dur wurde im September des Jahres 1820 vollendet und ist eine der letzten Klaviersonaten in Beethovens musikalischem Schaffen. Trotz oder möglicherweise gerade wegen seiner Gehörlosigkeit hatte er zu diesem Zeitpunkt einen völlig neuen Musikstil entwickelt, in dem er sich von formalen Elementen derklassischen Sonate löste und gänzlich neuartige Klangwirkungen anstrebte. Es gibt wenige Stücke in der Musikgeschichte, die trotz des profanen Entstehungshintergrundes einen derart sakralen Charakter entwickeln und wie nur wenige Werke der Kunst beim Hörer regelrecht transzendentale Effekte erzielen. Auf diese Komposition passt die Äußerung Beethovens in eindrucksvoller Weise, „dass Musik höhere Offenbarung ist als alle Weisheit und Philosophie“. Wenn am Anfang auch noch die Grundsätze eines klassischen Sonatensatzes durchscheinen, löst sich der Vortrag zunehmend in regelrecht freie Improvisation auf, erlebt eine Vielzahl von dynamischen Wechseln und erscheint dadurch letztlich auch immer durchsichtiger und flüchtiger. Der Zuhörer entgleitet zusammen mit dem Komponisten und Interpreten in Parallelwelten und höhere Sphären.
Huppmann geht das Werk insgesamt sehr motiviert und inspiriert an, was von der ersten bis zur letzten Minute ihrer Interpretation erkennbar ist. Ihr Spiel stellt sich technisch perfekt dar, der auch ansonsten sehr leichte und perlende Duktus, wie man es vergleichbar von Huppmanns Chopin-Interpretationen kennt, kommt der Sonate insgesamt sehr zu Gute. Die von Beethoven gerade hier gewollte Transparenz und Leichtigkeit ist an allen relevanten Punkten realisiert. Auch die emotionale Ebene des Werkes, die gerade bei dieser Komposition eine ganz zentrale Rolle spielt, tritt in nahezu idealer Weise hervor. Ungeübte Hörer werfen Huppmannmanchmal eben in diesem Bereich Defizite vor, was bei genauerem Hinhören jedoch völlig unbegründet ist. Lediglich liegt ihr im Gegensatz zu einem Pianisten Lang Lang jede Form von oberflächlicher Effekthascherei fern, ihre Emotionalität entfaltet sich mehr im Detail und unter der leicht und ungeübten Hörern möglicherweise auch zu homogen erscheinenden Oberfläche ihres sehr souveränen Spiels. Stille Wasser gründen eben tief und die Emotionalität Huppmanns zeigt sich genau in ihrer Sensibilität und subtilenRaffinesse. Dies erfordert auch beim Hörer ein ausreichendes Einfühlungsvermögen und ein grundlegendes Verständnis der Komposition, was jedoch leider nicht in jedem Falle gegeben sein mag. Huppmann ist durchaus eine Pianistin der leisen Töne, wie es auch auf eine Khatia Buniatishvili zutreffen mag, aus meiner persönlichen Sicht heraus ist dies ein absoluter Qualitätsausweis. Es zeigt sich in diesem Rahmen wieder eindrucksvoll und zurecht, warum Anastasia Huppmann eine der am meisten aufgerufenen Pianistinnen im Netz ist und eine Vielzahl internationaler Klavierwettbewerbe gewonnen hat.Ich freue mich daher besonders, dass ich sie auch persönlich kennenlernen durfte und sie mich schon vor Jahren offiziell zu einem ihrer besten Fans ernannt hat.